Wer war ich bevor ich wusste wer ich bin?
Eine Reise hinter das Denken und hinter das Verstehen des Ich Selbst…
Ein Beitrag zur Serie "Der Pfad zum Selbst". Texte und Sprachnotizen, die ich in den Jahren meiner "Suche" spontan aufgezeichnet habe.
(Der folgende Text ist aus dem Sprach-Flow transkribiert)
Wer war ich bevor ich wusste wer ich bin?
Vor längerer Zeit als ich in der Natur unterwegs war, ich war paddeln und gleitete auf dem Wasser, schwebte durch wunderbare Naturlandschaft,
da vorstehe ich mal wieder dem Sinn des Lebens nach. Und wenn ich so draußen in der Natur bin, dann gelingt es mir recht häufig, dass ich in diesen Bewusstseinszustand komme, in diesen Raum, den ich auch in der Meditation zum Beispiel finden kann, manchmal, über das Verständnis, das Denken selbst, etwas ist, was in mir erzeugt wird durch mein Gehirn.
Und wenn ich in der Meditation bin, kann ich es zur Ruhe bringen oder meine Aufmerksamkeit zumindest davon so weit entfernen und auf meinen Atem lenken, dass ich davon nicht mehr beherrscht werde, dass ich davon nicht mehr mitgerissen werde.
Und in diesem Zustand, wenn ich in diesem Raum komme, in dieses Raumbewusstsein, erlebe ich mich als etwas anderes, als wenn ich mich durch das Denkenden definiere.
Das Denken schaltet sich natürlich dann auch bei mir dann direkt wieder drüber und möchte diesen Zustand definieren, dieses Wesenhafte.
Aber in einem Kreislauf, wo ich dies immer wieder loslasse, kann es mir manchmal gelingen, eine offenere, eine viel größere, viel weiterer Form des Seins zu erfahren, das Selbstseins.
Und eines Tages, als ich in dieser Natur rumpaddelte und ich über dieses Wesen, diesen Raum, der ich in Wirklichkeit bin, dieses Raumbewusstsein, sinnierte, kam mir plötzlich die Frage...
Und bevor ich sie nenne, sage ich nochmal, wie ich eigentlich dahin kam. Das fällt mir jetzt wieder ein.
Ich dachte darüber nach, wann ist überhaupt mein Denken erst entstanden? Woher kommt das Denken, also diese Form, dass ich mich selbst als irgendetwas bezeichne, mich selbst als irgendetwas identifiziere.
Und so wie ich es gelernt habe, entsteht das im frühen Kindesalter, Säuglingsalter, ich glaube mit zwei oder drei Jahren, wenn dieses Ich sich entwickelt. Das heißt, wenn das Kind anfängt, plötzlich zu sagen, Mainz, Deins. Es ist ja am Anfang so, dass die ersten Wörter, die erste Sprache im, wie sagt man, in der unpersönlichen Form, erfolgt. Das heißt, das Kind sagt dann, das ist Tisch, das ist Fuß von ihren eigenen Körperteilen, das ist Kopf, das ist Baby oder auch seinen eigenen Namen, das ist Michael, das ist Sabine.
Und sagt nicht ich, identifiziert sich nicht mit diesen Objekten, die es beigebracht bekommt. Diese Sachen, die es da lernte, ist ja etwas, was ist beigebracht bekommt von den Eltern und von der Umgebung.
Und am Anfang ist es, wie gesagt, erstmal unpersönlich. Es benennt die Objekte, aber hat keinerlei Identifikation damit, sieht auch gar nicht, dass es selbst der Fuß ist, dass es selbst das ist, der eigene Fuß, das ist die eigene Hand, das ist das eigene Körper.
Und irgendwann kommt dann dieser Moment, wo das Ego entsteht, wo das Ego geboren wird. Und da plötzlich beginnt die Selbstidentifikation und das Denken identifiziert sich dann mit diesem Wesen, mit diesem Selbst, was vorher noch komplett frei war, was vorher gar nicht an Objekte gebunden war. Was vorher das nur das reine Bewusstsein war, das Objekte wahrnimmt, in dem Objekte erscheinen und ab diesem Punkt, wo sich dieses Bewusstsein mit der Wahrnehmung, mit der Aufmerksamkeit verbindet, mit dem persönlichen Kanal, in dem Moment entsteht das Ich und die Sammlung der eigenen Selbstdefinition beginnt.
Und als ich darüber nach dachte, über genau diese Punkte, kam mir dazu eine Frage in den Sinn, was ich denn davor gewesen bin und diese Frage lautet also:
Wer war ich bevor ich wusste wer ich bin?
Denn das, was ich weiß, was ich bin, ich bin ein Mann, ich bin Jürgen, der Sohn von den und den Eltern, ich bin der Bruder von meiner Schwester, ich bin in Köln aufgewachsen, ich bin technisch begabt, ich bin ein schwieriges Kind gewesen, ich bin schlank, ich bin fleißig, ich bin faul, ich bin leicht, ich bin schwer, all diese Eigenschaften, die ich mir selber sage für mich selbst als richtig empfinde, womit ich mich selbst bezeichne, ich bin Web-Entwickler, ich bin YouTuber, ich bin jemand, der über das Leben nachdenkt, ich bin Computerfreak, ich bin Naturliebhaber, ich bin Mensch, ich bin lebendig, ich bin der Raum, in dem das erscheint.
All diese Formen, diese Bezeichnungen, diese Etiketten, die ich mir selbst anhefte, habe ich gelernt, werden durch mein Gehirn erzeugt, werden durch meinen Denken hervorgebracht zu einem komplexen Muster von Selbstidentifikation verwoben und permanent als Wahrheit von mir erfahren.
Wenn ich mich draußen bewege, wenn ich in der Stadt, wenn ich mit einem Menschen zusammen bin, wenn ich mich unterhalte, gleiche ich alles ab mit dem, was ich weiß, was ich denke, was ich bin und was die Welt ist.
Ich bin nicht die Welt, ich bin eine getrennte Person, so empfinde ich mich, so denke ich mich, so empfinde ich mich im Denken. Ich sehe meine Grenzen, ich sehe meine äußere Haut als meine Grenze von meinem Körper an, ich sehe Unterschiede zu anderen Menschen, ich sehe mich als etwas anderes als den Baum, neben dem ich stehe.
Diese Form der Identifikation wird in meinem Gehirn erzeugt, wird in meinem Denken hervorgebracht.
Aber ich war ja schon etwas, bevor dieses Denken stattgefunden hat, bevor diese Selbstidentifikation mit diesem Denken erfolgt ist, als das Ego geboren wurde in meiner früheren Kindheit, in meiner Säuglingszeit.
Und was war ich da? Wer war ich, bevor ich wusste, wer ich bin? Wer war ich, bevor ich wissen konnte, wer ich bin, bevor die Möglichkeit überhaupt entstanden ist, bevor mein Gehirn soweit ausgebildet war, dass es mich selbst angefangen hat, zu definieren, zu bezeichnen.
Vorher war ich schon etwas. Und auch heute bin ich natürlich noch etwas, bevor das Denken überhaupt geschieht. Das Denken ist immer erst eine Ergebnis dessen, was ich in Wirklichkeit bin.
Das ist die wesentliche Erkenntnis, aus dieser Frage heraus, aus dieser Innenschau, dieser Selbstreflektion, die zu dieser Frage geführt hat, was durch meine Art, was einfach durch meine Meditationspraxis geschehen ist oder geschieht und durch mein intensives Nachdenken über mich, über den Sinn des Lebens, über meine Innenschau. Aus dieser Frage heraus hat eine Art Perspektivwechsel stattgefunden, eine ganz neue Sicht auf mich und auf die Welt.
Denn lange Zeit, früher dachte ich gar nicht darüber nach, wer bin ich, bzw. ich habe vielleicht darüber nachgedacht, aber es gab gar keine Perspektive, gar keine mögliche andere Ebene, als das, was das Gehirn dazu antwortet, als die Definitionen, die immer wieder dann kommen.
Ich bin männlich, ich bin dies und jenes, ich habe das und das erlebt, ich habe das und das durchgemacht, das hat mich geprägt. Also ich definiere mich natürlich auch schon, wenn ich über mich nachdenke, über meine Geschichte, über meine Vergangenheit gehe, wird mir erstmal schon klar, dass ich viele, dass ich durch meine Eltern geprägt wurde, durch meine Lehrer, durch meine Umgebung, durch meine Freunde, durch da, wo ich aufgewachsen bin, durch alles, was mir passiert ist.
Das dadurch Meine Persönlichkeit entstand und geprägt wurde und dass durch dieses, auch durch dieses Fragen danach, wer bin ich, wiederum eine Identifikation entsteht.
Na vielleicht eine tiefer Ebene im Denken erreicht wird, aber dennoch immer alles eine Antwort ist das Denkens. Und erst dieser Schritt aus dem Denken heraus, durch diese Fokussierung meiner Aufmerksamkeit auf diesen Raum, der schon da war, bevor ich überhaupt denken konnte, und der jetzt natürlich genauso immer noch da ist, in dem das Denken geschieht, immer schon geschehen ist.
Erst seit ich diesen Zugang zu diesem Raum habe, habe ich eine ganz neue Perspektive gewonnen. Auf diese Frage, eine ganz neue Antwort, die ich nicht benennen kann, die nicht objektivierbar ist, die kein Objekt ist, die keine Eigenschaft ist, sondern die eben dieser Raum ist, in dem erst diese Funktion des Benennens, des Objektivierens, der Bezeichnungen geschieht.
Die Form des Denkens, die mein Gehirn hervorbringt, ist eine von ganz unendlich vielen Vorgängen des Lebens selbst, das in mir stattfindet. Das Leben selbst ist die Grundlage meines Daseins.
Ich bin das Leben. Mein Körper ist lebendig, mein Körper lebt, mein Körper hat gelebt, bevor ich denken konnte. Und mein Körper hat das Denken entwickelt. Das Leben selbst hat begonnen, ein Gehirn zu bilden. Dieses Gehirn erzeugt ein geistiges Feld, eine geistige Dimension, die das Leben in Eigenschaften teilt und in Objekte und Subjekte.
Aber das, was ich wirklich bin, ist ja nicht dieses Ergebnis des Denkens, des Gehirns, was diese Definition erzeugt, sondern das, was vorher schon da war, und vorher schon immer da ist.
Ich bin der Atem. Ich sitze hier und atme. Ich sitze oder stehe hier und atme. Mein Blut fließt in den Adern. Mein Zelle, meine Zellen leben.
Jede einzelne Zelle lebt, erneuert sich permanent, alles verwandelt sich, lebt. Mein ganzer Körper ist ein lebendiges System, was mit der Umwelt untrennbar verbunden ist.
Das Wasser, was ich trinke, das Essen, was ich esse, die Luft, die ich atme, all das ist in einem ständigen Austausch mit der Außenwelt. Mein Körper endet ja nicht dort, wo mein Gehirn sagt, dass er enden würde, an der Hautoberfläche.
Und wenn ich ausatme, ist die Luft, die ich ausatme, nicht von mir entfernt worden, sondern... und wenn ich wieder einatme, nehme ich neue Luft in mich auf, sondern ich bin die Luft, die ausgeatmet wird.
Ich bin die Luft, die eingeatmet wird. Erst das Denken trennt mich von diesem... von diesem Zusammenhängen, von diesem untrennbaren, einen Fluss des Lebens.
Erst das Denken definiert eine Idee von einer Grenze, die da wäre, indem es mich in Eigenschaften packt, in Definitionen. Ein Set von Labels von Bezeichnungen, die da lauten, das bin ich, das bin ich nicht.
Bevor das stattgefunden hat, war ich das Leben, war ich nur das Leben, in dem Objekte auftauchten, in dem Gefühle vielleicht schon geschahen, in dem das Leben sich selbst angefangen hat zu erfahren.
Ohne dass es sich dabei als dieses Erfahrende, als dieser Kanal, der es erfährt, als Person zu identifizieren, ohne dass es die Aufmerksamkeit, das Bewusstsein an diese Aufmerksamkeit der eigenen Person gekettet hat.
Und diese Frage: Wer war ich bevor ich wusste, wer ich bin, ist für mich so eine Schlüsselfrage, so eine Mantra. Vielleicht ist es auch so eine Art Koan, wie man ja in dem Zen-Buddhismus solche Fragen benutzt, Fragen, die nicht beantwortet werden können, die aber hinausführen aus dem Denken, aus dem Raum, aus dem Möglichkeiten, wo es erfassbare, verstehbare Antworten gibt.
Und diese Frage führte mich hinaus. Ich habe mir diese Frage gestellt und habe plötzlich gemerkt, ich existiere unabhängig vom Denken, unabhängig von dem, was ich mir im Kopf erzähle, was ich bin, wie ich mich irgendwie bezeichne. Und auch selbst die Bezeichnung, ich bin der Raum, in dem was Denken geschieht, ist natürlich auch wiederum nur eine Hilfskonstruktion. Das, was ich wirklich bin, das verweist nur darauf hin, was ich wirklich bin. Es ist ein Zeiger, aber es ist letztlich auch nicht das. Es ist auch schon wieder ein Gedanke, der darin entstanden ist, in dem Leben, in diesem Raum, der ich wirklich bin.
Aber wer kommt dem am nächsten, der ist an der Grenze des Denkens dran, diese Bezeichnung, so nehme ich es wahr. Und das, was ich wirklich bin, ist der Kosmos, der sich hier in mir als Wahrnehmungs-Handlungskanal manifestiert, um sich selbst zu begegnen. Das ganze Leben ist ein großes Sein, ein Kreislauf, ein miteinander verbundenes Universum, in dem sich immer nur das Universum selbst begegnet. In Form von vielfältigen, man kann sagen, erträumten Objekten, ausgedachten Objekte, sich ausgedachten Objekte, das Universum träumte den großen Traum von sich selbst.
Als unendlich viele, unendlich viele, einmalige, individuelle Wesenheiten begegnet es sich überall selbst. Einzigartig. Und diese Einzigartigkeit ist gleichzeitig, eines jeden Menschen ist gleichzeitig der Spiegel der ewigen Verbundenheit.
Durch diese ausgedachte Einzigartigkeit kann ich alles andere erst als Beobachter wahrnehmen. Dadurch das sich das Leben durch mich als einzigartige Identität, Wesenheit ausdenkt, erträumt, entsteht diese Perspektive, dass ich alles andere besuchen kann, dass das von vor mir erscheint, von mir getrennt erscheint. Und in Wahrheit ist es aber alles mit mir verbunden. Es gibt überhaupt gar keine Trennung.
Unterhalb des Denkens gibt es nur das eine Leben, was sich selbst erfährt, als unendlich viele Gedanken. Und hier ist jeder Gedanke, ist ein Lebewesen geworden, ist ein Wesen geworden in diesem großen Traum des Universums.
Ja, wow.